Die Aufgabe von Dipl. Ing. FH Gerhard Fanderl (*1943) im Vorfeld der Olympischen Spiele erforderte ein hohes Maß an Durchhaltevermögen und große Genauigkeit: Als Diplom-Ingenieur in Diensten des Bayerischen Landesamtes für Maß und Gewicht war er zusammen mit einem Kollegen aus dem Organisationskomitee der Spiele dafür zuständig, die olympische Marathonstrecke zu vermessen. Kein einfacher Job, denn die Distanz musste exakt 42,195 Kilometer betragen und führte im Falle von München nicht nur 18 Kilometer weit durch den Englischen Garten, sondern auch an den Münchner Sehenswürdigkeiten vorbei. Die Strecke ging quer durch und rund um die Stadt, denn die Marathonstrecke sollte sich der Form des Olympia-Maskottchens „Waldi“ annähern.
Verwendet wurde hierfür ein Spezialfahrzeug, dessen Radumfang einen Meter betrug und auf einen halben Millimeter genau stimmen musste und durch ändern des Reifendrucks justiert werden konnte. Zur Vermeidung von Temperaturschwankungen, die den Reifenumfang ändern konnten, wurden die Vermessungen überwiegend nachts durchgeführt. So mussten immer wieder Kontrollmessungen und Neujustierungen vorgenommen werden – bis zu 40 oder 50 Mal auf manchen Streckenabschnitten.
Spektakulär in Erinnerung ist Gerhard Fanderl zum Beispiel auch die diagonale Querung der Ludwigstraße bei vollem Verkehr, die für viel Wirbel gesorgt hat. Die Messfahrten wurden natürlich immer von einem Polizeifahrzeug eskortiert. Auch ein Probelauf stand auf dem Programm und verursachte nach Fanderls Einschätzung den bis dahin „längsten Verkehrsstau in der Münchner Stadtgeschichte“.
Gerhard Fanderl, zum Zeitpunkt der Spiele 29 Jahre alt, war zwei Jahre mit den Vermessungsarbeiten beschäftigt. Eines der Andenken an diese Zeit ist ein Faltplan der Marathonstrecke in „Waldiform“ und ein Foto, auf dem er selbst (vorne rechts) mit den Leitern des Eich- und Messwesens aus den damaligen westlichen Bundesländern bei einem Ortstermin zu sehen ist.
Bis heute ist dem gebürtigen Ingolstädter allerdings auch das Attentat auf Mitglieder der israelischen Mannschaft in Erinnerung. Den Einsatz der deutschen Ordnungskräfte, der zum Ziel hatte, die Geiseln zu befreien, beurteilt Fanderl als unprofessionell und ordnet dies in die Zeit ein. Für die Polizei waren Ereignisse dieser Art neu, die Spiele waren kaum gesichert. Die Marathonstrecke war beispielsweise gar nicht gesichert.