Konvolute der Sammlung Fotografie: Hermann Landshoff

Die Sammlung Fotografie stellt den größten Anteil aller Sammlungsobjekte des Münchner Stadtmuseums. Der Bestand von ca. drei Millionen Objekten reicht von den frühen Anfängen der Fotografie im 19. Jahrhundert bis in die digitale Gegenwart; neben Fotografien sind ganze Bildarchive und Spezialsammlungen sowie fotohistorisches Equipment und seltene Fachpublikationen Teil der Sammlung. Die wichtigsten Konvolute – Konvolute sind Gruppen von kunst- oder kulturhistorischen Objekten, die thematisch oder chronologisch zusammengehören – werden hier mit vertiefenden Informationen und repräsentativer Objektauswahl vorgestellt.

Mehr zur Sammlung Fotografie auf der Website des Münchner Stadtmuseums


Hermann Landshoff (* 2. März 1905 in München † 1986 in New York)

Berufsbezogene Biografie
1905 in München als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie geboren, kam Hermann Landshoff früh mit dem Kunst-, Literatur- und Musikleben der Stadt in Berührung.

Von 1923 bis 1926 studierte er an der Staatlichen Kunstgewerbeschule in München Schrift, Buchdruck, Buchausstattung und Gebrauchsgrafik. Ab 1927 erlangte er einige Aufmerksamkeit mit seinen Karikaturen, die im Simplicissimus und ab 1928 in der Süddeutschen Sonntagspost erschienen. Privat begann er sich das Fotografieren selbst beizubringen. 1930 erschien seine erste Fotoreportage über Albert Einstein in der Münchner Illustrierten Zeitung, danach war er fast ausschließlich als Fotograf für die Münchner Illustrierten Presse, Münchner Telegramm-Zeitung und Sport-Telegraf sowie die Süddeutsche Sonntagspost tätig.

1933 durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten zur Emigration gezwungen, ließ Landshoff sich zunächst in Paris nieder, um sich dort der Modefotografie zuzuwenden. Seine Aufnahmen erschienen zwischen 1936 und 1939 in der populären femina und der französischen Vogue. Auf abenteuerlichen Wegen gelang ihm 1940/41 die Flucht nach New York. Die Zeit ohne Kameraausrüstung nutzte er um ein mehr als 300-seitiges Manuskript über Fototechnik und den Kunststatus der Fotografie zu verfassen. In New York gehörte Landshoff bald zu den interessantesten und meistbeschäftigten Modefotograf*innen im Umfeld des legendären Art Director Alexey Brodovitch und arbeitete für Modejournale wie Harper's Bazaar und Junior Bazaar. Sein eigener Stil kennzeichnete sich durch die lebensnahen Alltagssituationen, in denen er die Modelle bevorzugt in Bewegung wiedergab. Neben Modeaufnahmen entstanden weiterhin Porträts, die er um Schauspieler*innen, Wissenschaftler und Prominente erweiterte und mit denen er die Reportage-Rubriken bei Harper's Bazaar bestückte.

Zwischen 1946 und 1950 arbeitete er wiederholt an dem Portfolio "Albert Einstein in seinem Haus in Princeton", welches ihn über die Modewelt hinaus bekannt machte.
1946 wechselte er zum Condé Nast Verlag, für den er unter anderem in der Mademoiselle bis 1961 veröffentlichte. Auf zahlreichen Reisen verband er Modeaufnahmen mit Reportagen.
1969 entstand eine Portraitserie mit Eva Hesse, danach wurde es etwas ruhiger um Landshoff. Von 1968 bis 1975 arbeitete er hauptsächlich für den Kunstverlag Harry N. Abrams, für den er Puppen, Muscheln, Briefmarken und Briefbeschwerer fotografierte. Darüber hinaus entstanden Jahresberichte und Werbehefte für Unternehmen wie die Papierfabrik West Vaco oder die Eastman Kodak Company.

Fotohistorische Einordnung des Künstlers
Das komplexe Werk spiegelt auf vielfältige Weise die Zeitgeschichte und Situation der aus Europa exilierten Künstler*innen in den USA wider. Einmalig ist das Konvolut von Landshoffs Porträts europäischer Künstler*innen wie Max Ernst, Richard Lindner, Leonora Carrington oder Frederick Kiessler, die in New York im Umfeld der Galeristin Peggy Guggenheim eine neue künstlerische Heimat fanden. Schließlich verdanken wir Hermann Landshoff auch ein in der Geschichte des Mediums einzigartiges Pantheon an etwa 70 bedeutender Fotograf*innenporträts aus dem Zeitraum zwischen 1942 und 1960. Neben den berühmten Altmeistern der Fotografie wie Walker Evans, Paul Strand, Alfred Stieglitz, Ansel Adams, Berenice Abbott, Margaret Bourke-White, Alfred Eisenstädt, Andreas Feininger oder WeeGee sind auch die jungen, noch am Anfang ihrer Karriere stehenden Fotografen Robert Frank, Irving Penn und Richard Avedon in außergewöhnlichen Bildnissen überliefert.
Weitere Bildserien sind der Stadtarchitektur von New York und ihrer Bewohner*innen gewidmet mit besonderem Fokus auf die von der Gesellschaft ausgegrenzten Bevölkerungsschichten.

Angaben zum Konvolut
2012 wurde der vollständige Nachlass von Hermann Landshoff mit über 3.600 Originalabzügen aus dem Zeitraum von 1927 bis 1970 dem Münchner Stadtmuseum überlassen. Hermann Landshoff hätte dem Transfer seines Archivs an ein Münchner Museum vermutlich nicht zugestimmt, umso erfreulicher ist die Rückführung, die dem großen Engagement des Verlegers und Nachfahren Andreas Landshoff zu verdanken ist.
Hermann Landshoff hatte zu Lebzeiten eine verbindliche Auswahl seines Werks getroffen, die Bilder selbst abgezogen, auf einen Karton fixiert, mit Nummer und Daumenabdruck verifiziert und Dubletten, Dias und Negative vernichtet. Der gesamte Bestand des Münchner Stadtmuseums ist bei der Deutschen Fotothek veröffentlicht.

Ausstellungsgeschichte des Bestands
Andreas Landshoff kuratierte gemeinsam mit Ulrich Pohlmann 2013 die Ausstellung "Hermann Landshoff. Portrait, Mode Architektur. Retrospektive 1930–1970" am Münchner Stadtmuseum, zu der ein Katalog erschienen ist.

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