Konvolute der Sammlung Fotografie: Regina Relang

Die Sammlung Fotografie stellt den größten Anteil aller Sammlungsobjekte des Münchner Stadtmuseums. Der Bestand von ca. drei Millionen Objekten reicht von den frühen Anfängen der Fotografie im 19. Jahrhundert bis in die digitale Gegenwart; neben Fotografien sind ganze Bildarchive und Spezialsammlungen sowie fotohistorisches Equipment und seltene Fachpublikationen Teil der Sammlung. Die wichtigsten Konvolute – Konvolute sind Gruppen von kunst- oder kulturhistorischen Objekten, die thematisch oder chronologisch zusammengehören – werden hier mit vertiefenden Informationen und repräsentativer Objektauswahl vorgestellt.

Mehr zur Sammlung Fotografie auf der Website des Münchner Stadtmuseums


Regina Relang (* 23. August 1906 in Stuttgart; † 1989 in München)

Berufsbezogene Biografie
Regina Relang war eine bedeutende deutsche Modefotografin, die über vier Jahrzehnte für zahlreiche internationale Modemagazine arbeitete.

Relang studierte Malerei an der Kunstgewerbeschule Krefeld, an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart sowie an der Akademie am Steinplatz in Berlin. Sie machte 1932 ihren Abschluss als Kunsterzieherin. Es folgten weitere Studien bei dem französischen Maler Amédée Ozenfant. Sie bereiste zwischen 1932 und 1939 Länder in ganz Europa – von Mallorca bis zur Türkei. Um sich diese Reisen finanzieren zu können, machte die Autodidaktin Fotos mit einer kleinen Leica. Relang interessierte sich insbesondere für Frauen, ihre Kultur und Kleidung. Sie fotografierte etwa andalusische Tänzerinnen, Arbeiterinnen im Hafen von Porto und die verschleierte Braut einer serbischen Hochzeit.

Die Pariser Bildagentur Three Lions, die auch Robert Capa unter Vertrag hatte, nahm die Fotos der Autodidaktin gerne ab und verkaufte sie weiter. Ihre Bilder wurden von verschiedenen Magazinen gekauft, da das Interesse der Leser*innen an anderen Ländern und Kulturen groß war. Relang erhielt auch erste Aufträge, Accessoires zu fotografieren, als die Wirtschaft kriselte und die Mode sich auf Details konzentrierte. Sie inszenierte surreal und ästhetisch, indem sie beispielsweise Handschuhe wie ein Ballett mit Windmühlen und Schuhe um einen Baum fotografierte, wodurch sie Dinge lebendig wirken ließ. Ihre Modefotografien erschienen in Zeitschriften wie der französischen, englischen und amerikanischen Vogue, und Harper’s Bazaar.

Im Jahr 1938 emigrierte ihr jüdischer Agent nach New York; Relang passte sich den neuen Machthabern an. Sie verließ Paris und ließ sich in Berlin nieder, wo sie unter anderem für die Zeitschrift Die Dame arbeitete. Diese hielt auch während des Krieges an einem mondänen, großbürgerlichen Frauenbild fest und orientierte sich mehr an internationaler als an deutscher Mode. Ab etwa 1941 konzentrierte sie sich auf Modeaufnahmen, die zwar eine elegante Ästhetik zeigten, aber wenig mit dem Alltag in Deutschland zu tun hatten, da die neuen Modelle ausschließlich für den Export bestimmt waren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg zog Relang nach München um. Bereits 1946 platzierte sie ein Modell mit weißem Kleid in den Trümmern des Münchner Cafés Annast. Um 1949 erschienen erste Modestrecken, unberührt von Krieg und Mangel, im Magazin Heute. Bald folgten "Film und Frau" und Madame. Das Wirtschaftswunderland war bestrebt, die amerikanischen Vorbilder einzuholen, und Relang orientierte sich an der internationalen Bildsprache dieser Publikationen. Nach und nach avancierte sie zu einer der gefragtesten Modefotograf*innen Europas, reiste zweimal jährlich zu den Präsentationen der Modekollektionen in Florenz, Rom, Paris und Berlin. Sie fotografierte für Designer wie Christian Dior, Pierre Cardin oder Yves Saint Laurent. Bis in die 1970er-Jahre war Regina Relang Deutschlands führende Modefotografin.

In den 1970er- und 1980er-Jahren hatte sie zahlreiche Ausstellungen, sie erhielt diverse Fotopreise, unter anderem wurde sie als Ordentliches Mitglied in die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) berufen, darüber hinaus erhielt sie die Mitgliedschaft in der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner (GDL). 1972 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

Fotohistorische Einordnung der Künstlerin
Regina Relang gehörte zu den wenigen Frauen, die sich schon sehr früh einen Namen in der Modefotografie machte. Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen Richard Avedon und Irving  Penn inszenierte sie ihre Models lebendig und dynamisch, ließ sie durch ihre Bilder tanzen und integrierte die Welt der Mode geschickt in ihre Werke. Ihre Arbeiten waren geprägt von Bewegung und Lebensfreude, was einen Kontrast zu den statuarischen Inszenierungen ihrer Zeitgenossen darstellte. Durch ihre innovative Herangehensweise und ihren Einfluss auf die Modefotografie prägte sie die Fotogeschichte nachhaltig.

In der Nachkriegszeit etablierte sie sich als stilprägende deutsche Modefotografin. Ihr einzigartiger Blick auf Mode verschmolz geschickt mit Beobachtungen aus dem Alltag. Ihr Stil ist geprägt von einer kultivierten Eleganz, aus heutiger Perspektive wie ein Blick in eine längst vergessene Welt. Ihr Einfluss auf die Modefotografie liegt in ihrer Fähigkeit, Mode nicht nur als Kleidungsstücke, sondern als Ausdruck von Persönlichkeit und Lebensstil zu porträtieren. Sie setzte innovative Techniken und Inszenierungen ein, die die Modefotografie ihrer Zeit prägten und bis heute inspirieren.

Angaben zum Konvolut
Noch zu Lebzeiten, im Jahr 1987, trennte sich Regina Relang von ihrem Archiv. Über 20.000 Abzüge und 80.000 Negative sowie tausende Farbdiapositive und zahlreiche Kontaktbücher aus allen Werkphasen sind auf diesem Weg in das Münchner Stadtmuseum gelangt.

Fotohistorische Einordnung des hiesigen Bestandes
Das Regina-Relang-Archiv ist der umfangreichste und bedeutendste Bestand im Bereich der Modefotografie im Münchner Stadtmuseum. Es bietet wertvolle Einblicke in die Entwicklung des Bildgenres insbesondere der 1950er bis 1970er Jahre. Die Vielfalt der Arbeiten, die von Reportageaufnahmen bis zu späten Studioarbeiten reichen, spiegelt die Vielseitigkeit des Bildgenres wider.

Ausstellungsgeschichte mit Hinweisen zu Katalog und Wanderausstellungen
Das Münchner Stadtmuseum zeigte 2005 die Ausstellung "Die elegante Welt der Regina Relang, Mode- und Reportagefotografien 1933–1976". Mit dieser Retrospektive wurde das Werk Relangs erstmals vollumfänglich gewürdigt. Die Ausstellung wurde im Anschluss noch in den Städtischen Museen Heilbronn (2006) und in der Ludwigsgalerie Schloss Oberhausen (2016) gezeigt. Zur Ausstellung erschien ein Katalog mit rund 160 Abbildungen und zahlreichen wissenschaftlichen Aufsätzen.

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