Konvolute der Sammlung Fotografie: Peter Keetman

Die Sammlung Fotografie stellt den größten Anteil aller Sammlungsobjekte des Münchner Stadtmuseums. Der Bestand von ca. drei Millionen Objekten reicht von den frühen Anfängen der Fotografie im 19. Jahrhundert bis in die digitale Gegenwart; neben Fotografien sind ganze Bildarchive und Spezialsammlungen sowie fotohistorisches Equipment und seltene Fachpublikationen Teil der Sammlung. Die wichtigsten Konvolute – Konvolute sind Gruppen von kunst- oder kulturhistorischen Objekten, die thematisch oder chronologisch zusammengehören – werden hier mit vertiefenden Informationen und repräsentativer Objektauswahl vorgestellt.

Mehr zur Sammlung Fotografie auf der Website des Münchner Stadtmuseums


Peter Keetman (* 27. April 1916 in Elberfeld (Wuppertal); † 8. März 2005 in Marquartstein)

Berufsbezogene Biografie
Peter Keetman war ein deutscher Fotograf, der ab den 1930er Jahren tätig war.

Keetman absolvierte zwischen 1935 und 1937 seine Ausbildung an der Bayrischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen in München bei Hanna Seewald und Hans Schreiner. Im Anschluss daran arbeitete er als Assistent in fotografischen Ateliers: 1937 und 1938 bei der Industrie- und Porträtfotografin Gertrud Hesse in Duisburg und 1939 bis 1940 bei dem Industriefotografen Carl Heinz Schmeck in Aachen. 1940 wurde Keetman zum Kriegsdienst einberufen und war bis zu einer Verwundung im Juni 1944 bei den Eisenbahn-Pionieren tätig. 1947 bis 1948 absolvierte er Meisterkurse an der Bayrischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen in München. Zu seinen Studienkolleg*innen gehörten unter anderem Peter Fischer, Ingeborg Fuchs und Wolfgang Reisewitz. Mit diesen fuhr er mehrmals zu dem Fotografen Adolf Lazi nach Stuttgart, woraufhin er anschließend an seine Ausbildungszeit in München gemeinsam mit Reisewitz einige Monate bei Lazi in Stuttgart lernte.

Ab 1949 war Keetman freiberuflich als Fotograf tätig, wohnhaft in Prien am Chiemsee, dann Breitbrunn am Chiemsee. 1949 bis 1952 war er Mitglied in der avantgardistischen Gruppe fotoform, die sich aus acht europäischen Fotografen mit gemeinsamem Interesse an abstrakter Fotografie zusammensetzte und mit der Keetman im In- sowie Ausland ausstellte. Darüber hinaus veröffentlichte er in deutschen Foto- und Grafikzeitschriften und nahm  an Gruppenausstellungen, wie u. a. der „subjektive fotografie“ (1)-Ausstellung 1951 in Saarbrücken und Köln, 1952 in München und 1954 in Rochester, USA teil. Ab 1950 begann die Zusammenarbeit mit den Gebrauchsgrafikern Michael Engelmann und Rainer Michelfelder unter dem Namen werbeform, ab Ende der 1950er Jahre auch mit Nikolai Borg. Im April 1953 entstand die Serie „Eine Woche im Volkswagenwerk“, bei der Keetman aus eigenem Interesse heraus in Wolfsburg die Produktionsstrecke eines VW-Käfers fotografierte.
Ab 1957 war er Mitglied der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner (GDL), ab 1969 Ehrenmitglied im Bund Freischaffender Foto-Designer. Ab den 1980er Jahren vermehrt retrospektive Ausstellungstätigkeit. 1981 erhielt Keetman die David Octavius Hill-Medaille der Deutschen Fotografischen Akademie (ehemals GDL) und 1991 den Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie. Ein Vorlass liegt im Museum Folkwang, Essen (ca. 44.500 Negative und 5.500 Prints, inkl. Kontaktbögen, Arbeitsprints, Veröffentlichungsbelege); der Nachlass (ca. 6.000 Prints) wird von der Stiftung F. C. Gundlach, Hamburg, betreut. Fotografien von Peter Keetman finden sich zudem u. a. in den Sammlungen des Museums für Kunst und Gewerbe, Hamburg, oder des Museum Ludwig, Köln.

Fotohistorische Einordnung des Künstlers
Peter Keetman ist vor allem für seine Mitgliedschaft bei fotoform, seine experimentellen Fotografien sowie seine Arbeit im Bereich der Industriefotografie bekannt. Als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft fotoform stieß Keetman die fotografischen Ausstellungspraktiken der Nachkriegszeit nachhaltig zu Veränderung an. Keetmans Fotografien zeichnen sich oft durch eine große Nähe zum aufgenommenen Gegenstand aus, wodurch einzelne Formen betont werden. Seine bekanntesten Arbeiten stammen aus der ersten Hälfte der 1950er Jahre, in denen er unter anderem die Serie zum Volkswagenwerk fotografierte und die Lichtpendelschwingung entwickelte. Für letztere montierte Keetman eine Kamera auf einem Schallplattenspieler und ließ darüber eine Lichtquelle pendeln. Durch eine Langzeitbelichtung entstehen daraus verschiedene kreis- oder ovalförmige Muster vor dunklem Hintergrund. In den folgenden Jahren setzte Keetman seine experimentellen Arbeiten fort und erkundete verschiedene Techniken, darunter auch kameralose Arbeiten und Solarisation. Er blieb jedoch stets seinem Interesse an der Darstellung von abstrakten Formen und Strukturen treu; Menschen sind nur selten Gegenstand seines Werks. Über seine Einbindung in die Arbeitsgemeinschaft fotoform und der Subjektiven Fotografie war Keetman zudem an zahlreichen Ausstellungen und Publikationen in den 1950er Jahren beteiligt.  

Angaben zum Konvolut
In der Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums finden sich knapp 50 Schwarz-Weiß-Fotografien sowie zwei Coloraufnahmen von Peter Keetman, die überwiegend das Format 23 x 30 cm haben. Die Abzüge kamen zwischen 1981 und 2012 in die Sammlung. Der Großteil wurde bereits 1981  von dem Fotografen selbst erworbenund bis zuletzt 2012 durch weitere Eingänge ergänzt. So kamen unter anderem zwei Fotografien von Keetman über eine Schenkung von Schüler*innenarbeiten der Fotografeninnung München in die Sammlung.
Als in Bayern ansässiger Fotograf dokumentierte Keetman 1964 zudem die Dauerausstellung des Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum, sodass 16 Ausstellungsansichten im Format 18 x 24 cm Teil der Sammlung sind. Neben den Fotografien befindet sich weiterhin die Urkunde der Deutschen Gesellschaft für Photographie in der Sammlung, die ihm 1991 im Großen Saal des Münchner Stadtmuseums übergeben wurde.

Fotohistorische Einordnung des hiesigen Bestandes
Die Abzüge stammen überwiegend aus den 1950er Jahren und werden durch einzelne Aufnahmen aus der zweiten Hälfte der 1930er Jahre sowie einigen Prints um 1960  erweitert. Zu den frühen Fotografien zählen Aufnahmen aus Studienzeiten, wie eine Fotografie von Peter Keetman mit Kommiliton*innen von 1936/37. Unter den Fotografien aus den 1950er Jahren finden sich einige Bilder, die auch in fotoform-Ausstellungen oder im Rahmen der „subjektiven fotografie“ (1)-Ausstellung 1951 präsentiert wurden, wie „Spiegelnde Tropfen“ 1950 oder „Drei Bäume im Schnee“ 1951. Darüber hinaus sind mehrere Fotografien aus der Serie zum Volkswagenwerk vorhanden, die beispielsweise Bauteile wie die Dächer oder den hinteren Kotflügel des VW-Käfers zeigen. Auch zwei Pendelschwingungen finden sich in der Sammlung.

Ausstellungsgeschichte mit Hinweisen zu Katalogen
Während einzelne Fotografien von Keetman in Ausstellungen wie „Lehrjahre – Lichtjahre. Die Münchner Fotoschule 1900–2000“ im Jahre 2000 oder „Stilles Leben 1910–2008. Wenn die Dinge träumen. Stillleben aus der Sammlung Fotografie“ über den Jahreswechsel 2008/2009 im Münchner Stadtmuseum aufgenommen wurden, präsentierte 2011 die Ausstellung „IndustrieZEIT – Fotografien 1845–2010“ mehrere Aufnahmen mit Industriebezug.

Die Informationen für die berufsbezogene Biografie sowie die Angaben zur historischen Einordnung basieren auf Texten aus Gundlach, Franz C. (Hg.), „Peter Keetman. Gestaltete Welt“, Ausstellungskatalog Stiftung F. C. Gundlach, Haus der Photographie in den Deichtorhallen Hamburg, Museum Folkwang Essen, Göttingen: Steidl 2016.

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