
Konvolute der Sammlung Fotografie: Toni Schneiders
Toni Schneiders absolvierte zwischen 1935 und 1938 eine Lehre im Atelier von Hermann Menzel in Koblenz. Ab 1940 war er erst in der Bildstelle der Luftwaffe, als Fotograf der Fallschirmjägertruppe und dann als Kriegsberichterstatter und PK-Fotograf tätig. Als solcher fotografierte er u. a. 1943 die Befreiung des gestürzten italienischen Diktators Benito Mussolini durch deutsche Fallschirmjäger. Nach einer kurzen Gefangenschaft war er freischaffend in Koblenz tätig, ab 1946 in Meersburg, wo er in einem Atelier mitarbeitete. 1948 machte sich Schneiders mit einem eigenen Fotostudio in Meersburg selbstständig. Zwischen 1949 und 1952 war er Mitglied der avantgardistischen Gruppe fotoform, die sich aus acht europäischen Fotografen mit einem Interesse an abstrakter Fotografie zusammensetzte und mit der er im In- und Ausland ausstellte. Darüber hinaus veröffentlichte Schneiders in deutschen Fotozeitschriften und nahm an Gruppenausstellungen, wie u. a. der "subjektive fotografie"-Ausstellung 1951 in Saarbrücken und Köln, 1952 in München und 1954 in Rochester, USA teil. 1950 bis 1951 übernahm Schneiders kurzzeitig den Atelierbetrieb des kürzlich verstorbenen Fotografen Werner Mannsfeldt in Hamburg. Ab 1952 war er in Lindau am Bodensee tätig, wo er ab 1953 als freiberuflicher Fotograf Kunst-, Industrie-, Landschafts- und Reisefotografie anfertigte. Als solcher unternahm er zahlreiche Reisen durch Europa, Nordafrika und Südostasien, wie 1955 Äthiopien, 1958 Kreta oder 1969/70 Südostasien. Während der 1950er bis 1970er Jahre war Schneiders an zahlreichen Bildbänden zu süddeutschen Städten sowie europäischen Regionen und Ländern beteiligt.
Ab 1957 war er Mitglied bei der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner (GDL) und ab 1959 bei der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh). 1999 erhielt Schneiders gemeinsam mit Siegfried Lauterwasser und Wolfgang Reisewitz, ebenfalls ehemalige Mitglieder von fotoform, den Kulturpreis der DGPh.
Der Nachlass befindet sich in der Stiftung F. C. Gundlach, Hamburg, sowie bei seiner Tochter, Ulrike Schneiders.
Fotohistorische Einordnung des Künstlers
Toni Schneiders ist vor allem für seine Mitgliedschaft bei fotoform sowie seine Reisefotografie und seine Bildbände bekannt. Als Mitglied der Gruppe fotoform stieß Schneiders die fotografischen Ausstellungspraktiken der Nachkriegszeit nachhaltig zu Veränderung an. Über seine Einbindung in die Arbeitsgemeinschaft fotoform und der Subjektiven Fotografie war Schneiders an zahlreichen Ausstellungen und Publikationen in den 1950er Jahren beteiligt. Wie seine Gruppenmitglieder, Heinz Hajek-Halke, Peter Keetman, Siegfried Lauterwasser, Wolfgang Reisewitz, Otto Steinert, Christer Strömholm und Ludwig Windstosser, bediente sich Schneiders sowohl Verfahrenseingriffen wie Solarisationen oder Montagetechniken als auch einer Nähe zum aufgenommenen Gegenstand oder enger Bildausschnitte, um einen Abstraktionseffekt in seinen Fotografien zu erzielen.
Diese Kompositionsmerkmale sowie kontrastreiche Schwarz-Weiß-Prints nutzte Schneiders über die 1950er Jahre hinaus. Seine Landschafts- und Reisefotografien in Europa, Nordafrika und Südostasien sind mehr mit der Produktion von Bildbänden verbunden als mit einer journalistischen Berichterstattung. So gingen seine Fotografien in knapp 200 Bildbände ein, für die er mit unterschiedlichen Verlagen zusammenarbeitete. Thematisch fokussieren sich diese auf süddeutsche Regionen und Städte wie den Schwarzwald oder die Bodenseeregion, aber auch über 40 Ausgaben zu europäischen Regionen und Ländern sind entstanden. Mehrere Bände wurden ins Englische und Französische übersetzt und in bis zu fünf Auflagen produziert.
Angaben zum Konvolut
In der Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseum befinden sich 71 Fotografien von Toni Schneiders sowie eine gerahmte Collage. Die Fotografien gingen zwischen 1980 und zuletzt 2006 in den Bestand über, entweder als Ankauf durch die Sammlung oder als Schenkung durch den Künstler selbst. Der Großteil der Aufnahmen ist in den 1950er und 1960erJahren entstanden und wird durch einzelne Bilder aus den 1970ern und 1980ern ergänzt. Bei 61 Fotografien handelt es sich um Schwarz-Weiß-Fotografien; 10 weitere sind Colorprints von einer Reise nach Bali 1969.
In der Fotobibliothek befinden sich zusätzlich Bildbände von Toni Schneiders.
Fotohistorische Einordnung des hiesigen Bestandes
Der Bestand in der Sammlung spiegelt Schneiders diverse Tätigkeitsgebiete. So finden sich sowohl Fotografien aus fotoform-Zeiten, Industrieaufnahmen als auch Reisefotografien.
Unter den Fotografien aus den 1950er Jahren finden sich 11 Bilder, die im Rahmen von "fotoform"-Ausstellungen präsentiert wurden, wie "Wartende Frau" 1951 oder "Winterlich" 1950. Darunter sind sowohl Fotografien, bei denen Schneiders mittels enger Bildausschnitte oder einer großen Nähe zum aufgenommenen Gegenstand auf Formen aufmerksam macht, als auch experimentelle Arbeiten, in denen mithilfe von Dunkelkammerarbeiten Motive abstrahiert werden. Neben diesen Arbeiten finden sich zudem Aufnahmen von Reisen ab Mitte der 1950er Jahre wieder, unter anderem mehrere Arbeiten aus Griechenland, einzelne Aufnahmen aus Norwegen oder Polen und ein Colorbestand von einer Reise 1969 nach Indonesien. Die Aufnahmen lassen auf Schneiders weitreichende Reisetätigkeit schließen, ohne einen Fokus auf ein Land zu legen.
Ausstellungsgeschichte mit Hinweisen zu Katalogen
Ein Großteil der Schwarz-Weiß-Fotografien wurde 1999 in der Ausstellung "Toni Schneiders. Photographien 1946–1980" im Münchner Stadtmuseum präsentiert. Seitdem wurden einzelne Arbeiten in Ausstellungen wie "Stilles Leben 1910–2008. Wenn die Dinge träumen. Stillleben aus der Sammlung Fotografie" über den Jahreswechsel 2008/2009 und "IndustrieZEIT – Fotografien 1845–2010" 2011 gezeigt.
Die Informationen für die berufsbezogene Biografie sowie die Angaben zur historischen Einordnung basieren auf Texten aus Bauer, Christoph (Hg.), "Toni Schneiders Fotografie", Ausstellungskatalog Landesmuseum Koblenz, Städtisches Kunstmuseum Singen, Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz 2006 und Lux, Sebastian (Hg.), "Schaut her! Toni Schneiders", Ausstellungskatalog Stiftung F. C. Gundlach, Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern München, Göttingen: Steidl 2020.















