Richard Riemerschmid stattete das Speisezimmer im Haus Thieme, einem großen und von ihm erweiterten Eckraum, mit einem lockeren, stark asymmetrischen Arrangement von Möbeln aus. Die Möbelentwürfe folgten dem älteren Grundriss des Raumes und der vorgegebenen Abfolge der Fenster, was sich am besten an der Schrankwand zeigt. Während das Buffet vor der Wand zu stehen kam, wurden die niedrigeren linken Anbauschränke in asymmetrischer Anordnung unter die Fenster gestellt. Durch das Hinzufügen eines Teetisches und eines weiteren Esstisches wurde der Raum über die Funktion eines repräsentativen Esszimmers hinaus auch als Gesellschaftsraum oder Salon für Empfänge oder Soiréen nutzbar gemacht.
Die Wirkung des Raumes wurde durch seine Gesamtkomposition erreicht. Gespannte Linien der flachen Segmentbögen kommen an den Möbeln vor und finden sich vor der Fensternische, über dem Doppelfenster und in der Arkatur, die den Raum teilt. Die Bögen ruhen auf polierten Messingsäulen. Als durchgehendes Gestaltungsmotiv lässt sich der Farbkontrast von glänzend roter Politur der Möbel und mattem Blau des Tuchbezuges, dem auch die Innenausmalung der Schränke entspricht, finden. Diese komplementäre Farbstellung, hier Blau mit rotem Muster, tritt ebenfalls in den Teppichen auf. Es ist anzunehmen, dass auch bei den Vorhängen und in der Deckenbemalung diese zwei Farbtöne vorkamen. Die zum Teil noch erhaltenen Wandfliesen sind in einem Ton zwischen Grau und Violett gehalten und stehen in leiser Dissonanz zu den anderen Farben. Das Buffet setzt sich aus einem zweitürigen Unterteil über einem durchgehenden Brettsockel und einem zurückversetzten zweitürigen Aufsatzschrank zusammen. Die Unterseite der Türen läuft parallel zum Flachbogen der Nische, die auf zwei kurzen Säulen ruht. Zu dem Buffet gehören zwei Anbauschränke (Inventar-Nrn. M-58/931a,b).

[Hans Ottomeyer (Hg.), Michaela Rammert-Götz: Jugendstilmöbel. Katalog der Möbelsammlung des Münchner Stadtmuseums, München 1988, S. 86]