"Schwabing ist nicht nur eine Ortsbestimmung: Schwabing ist ein Zustand. Das merkwürdige Künstlerlokal "Katakombe" liegt daher auch gar nicht in diesem Stadtteil Münchens, es repräsentiert ihn jedoch. Jeden Freitag Abend steigen an die zweihundert Leute (wegen des großen Andrangs hat man Mitgliedskarten ausgeben müssen) in den tiefen Keller hinab, wo es nicht einmal elektrisches Licht gibt. Nicht nur Schwabinger – zu deren Wesensmerkmalen es gehört, dass sie alle den Marschallstab der Berühmtheit gewissermaßen in der Hosentasche tragen – treffen hier zusammen, sondern auch richtig Prominente. Maler, Dichter, solche, die es werden wollen, und solche, die es versehentlich nicht geworden sind, überwiegen. Wer will, darf etwas vortragen, und die Anwesenden entscheiden kritisch, ob er aufhören muss oder fortfahren darf. Bei Kerzenschimmer werden sogar Bilderausstellungen veranstaltet. Jeder Gast ist sein eigener Oberkellner und muss sich selbst bei Kellermeister Schwatzenstaller, genannt König Laurin, Weinflaschen und Gläser abholen. Wenn es von der Decke tropft, bringt König Laurin einen Schirm. Kurzum, die "Katakombe" beweist, dass Schwabing geblieben ist, was es immer schon war; ein alter Schwabinger Künstlerwirt, der sagenumwobene Papa Steinicke, pflegte es ein "Kulturschutzgebiet" zu nennen."
(Neue Berliner Illustrierte Zeitung, Nr. 15, 1951, S. 7)