Die Truhe wurde 1897 auf der Ausstellung im Münchner Glaspalast gezeigt und gehört damit zu den frühesten Münchner Jugendstilmöbeln. Sie greift auf den Typus der eisenbeschlagenen gotischen Truhe zurück, gelangt in Struktur und Ornament jedoch zu einer völlig eigenen und neuen Formensprache. Mit der aus Naturvorbildern abgeleiteten Geometrie der Spirale, die er bald zur „Spitzenwirbelspirale“ im Sinne einer Formvollendung steigerte, gab Hermann Obrist der „floral“, „linear“ oder „dynamisch“ interpretierten Richtung des Jugendstils eine unverkennbare Signatur.
Hermann Obrist war nicht zuletzt imstande, seine künstlerische Vorstellungen auf einer sprachlich gleichermaßen hohen Ebene zu artikulieren. Mit seinen Beiträgen zur Ornamenttheorie wurde er zum Vordenker des Münchner Jugendstils.
[Ausst.-Kat. Typisch München! Das Jubiläumsbuch des Münchner Stadtmuseums, hrsg. von Wolfgang Till und Thomas Weidner, München 2008, S. 190]
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Angewandte Kunst