Titel / Kurzbeschreibung
Zweifellige Konustrommel mit enger N-Spannung, Typus Uganda-drum
Datierung
vor 1914
Objektart
Membranophon
Material
Holz, Fell aus Kuhhaut, Lederstreifen, Stein
Personen / Institutionen
Ausgestellt
nein
Sammlung
Musik
Inventarnummer
MUS-59-175
Provenienz
[...]

o.D.-Feb./März 1960 Ludwig Bretschneider (19.11.1909–ca. 1982), München

ab März 1960 Städtische Musiksammlung, München, angekauft von Ludwig Bretschneider [Vgl. Inventarbuch]

Etikette Kartei-Rückseite:

"I.C. 46568 D.O.A. Wangoni, Hinterland von Wiedhafen. Gomatrommel Gesch. Kais. Reg.

Rat M. Chrapkowskj".
Zugang
Ankauf 1960
Werktext
Diese große Trommel hat eine geschwungene konusförmige Gestalt, ist also im Gegensatz zu vielen Trommeln aus Buganda und den umliegenden Räumen, klassifikatorisch eine Konustrommel und keine Zylinder- Konus-Trommel, wie man Trommeln genannt hat, bei denen der obere Teil zunächst zylinderförmig und nur der untere dann konusförmig verläuft. Der angegebene Name „Gomatrommel“ übernimmt lediglich die in Ostafrika und darüber hinaus verbreitete allgemeine Bezeichnung ngoma für Trommeln aller Art.
Wie die anderen bisher besprochenen Trommeln dieses Typus ist auch das vorliegende Exemplar mit Kuhfellen bespannt. Dies demonstriert, wie sich gerade im ostafrikanischen Zwischenseengebiet Elemente einer Hirtenkultur mit Elementen einer bodenständigen Ackerbaukultur unter Ausnutzung einer Ökologie, die in den seennahen Gebieten riesige Baumbestände aufzeigt, entwickelte. Im Inneren befindet sich typischerweise ein Stein. Auffallend an der sehr sorgfältigen Schnurspannung aus verdrillten Lederstreifen ist je eine horizontale Zwischenschnur, mit denen die vertikalen Spannschnüre knapp unterhalb der Fellränder nochmals umwunden wurden.
Auf der Rückseite der Kartei ist eine wertvolle alte Etikette aufgeklebt, aus der folgende Informationen zu entnehmen sind: „I.C. 46568 D.O.A. Wangoni, Hinterland von Wiedhafen. Gomatrommel Gesch. Kais. Reg. Rat M. Chrapkowskj.“
Daraus ergibt sich eindeutig, dass diese Trommel schon vor dem Ersten Weltkrieg in dem damaligen Tanganjika, Deutsch-Ostafrika gesammelt wurde, und zwar in einem Gebiet östlich des Malaŵi-Sees, genauer: östlich des heutigen Ortes Manda (damals Wiedhafen). Das Instrument wurde vom Kaiserlichen Regierungsrat M. Chrapkowskj erworben.
Das Hinterland von Wiedhafen, Endpunkt einer alten Karawanenstraße zum Malaŵi-See, ist Wangoni-Land: Hier siedelten sich nach langen Raubzügen durch Ostafrika im späten 19. Jahrhundert einige der aus Südafrika in den Raum des Malaŵi-Sees eingewanderten Angoni an. Die Ngoni-Völker in Südafrika haben allerdings keine Trommeln dieser Art, und überall, wo sie sich niederließen, haben sie, wenn überhaupt, Trommeln ihrer Wirte nach und nach übernommen. Dies ist auch für die Wangoni östlich des Malaŵi-Sees anzunehmen. Das Vorkommen einer Trommel des „Uganda-Typus“ und außerdem von einer derartigen Größe östlich von Wiedhafen gibt jedoch allerlei Rätsel auf. Der südlichste Raum, in den sich dieser Typus verbreitete, ist das Nordufer des Malaŵi-Sees, bei den Wanyakyusa und den -Ngonde. Die östlich des Malaŵi-Sees siedelnden Wapangwa etwa verwenden sie ebenso nicht (vgl. Kubik 1962), wie die Wakisi. Das ist nun ein ziemlich großer Puffer zwischen dem Norden und dem kleinen Wangoni-Siedlungsraum weiter südlich. Daher gibt es die Möglichkeiten, dass das Instrument ausnahmsweise von Wangoni, vielleicht von einem Häuptling, übernommen worden war und unter Umständen sogar von Reisen nach Tabora mitgebracht wurde. Die Trommel könnte aber auch aus einem anderen Teil Tanzanias stammen und hierher gelangt sein, möglicherweise sogar an die Missionsstation Peramiho im Hinterland von Wiedhafen. Und dort wurde sie von dem Kaiserlichen Regierungsrat erworben. Die Größe der Trommel und die Sorgfalt ihrer Herstellung lassen vermuten, dass es ein Häuptlingsinstrument war. Es könnte natürlich auch im Sinne eines „Staatsbesuches“ von einem einheimischen Häuptling dem betreffenden Regierungsrat als Geschenk überreicht worden sein.
[Ausst.-Kat. Afrikanische Musikinstrumente, hrsg. Gerhard Kubik, Moya Aliya Malamusi, András Varsányi, Berlin 2014, S. 172 f.]
Creditline
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Musik
Zitiervorschlag / Permalink
Zweifellige Konustrommel mit enger N-Spannung, Typus Uganda-drum, vor 1914, Holz, Fell aus Kuhhaut, Lederstreifen, Stein, Münchner Stadtmuseum, Sammlung Musik
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