Musik: Harfen der Mangbetu aus dem Bestand der afrikanischen Musikinstrumente

Gut 700 Instrumente aus Subsahara-Afrika zählen zur Sammlung Musik des Münchner Stadtmuseums. Im Jahr 2014 wurde der umfangreiche Band "Afrikanische Musikinstrumente – Katalog und Nachdokumentation der Musikinstrumente aus Afrika südlich der Sahara in der Sammlung Musik des Münchner Stadtmuseums" veröffentlicht, in dem der Ethnologe und Musikethnologe Gerhard Kubik sowie der Ethnologe Moya Aliya Malamusi ihre Ergebnisse eines intensiven, jahrelang verfolgten Forschungsprojekts zu den Beständen zusammentrugen.
 
Teil hiervon sind Harfen der Ethnie der Mangbetu aus dem nordöstlichen Teil der heutigen Demokratischen Republik Kongo. Die Instrumente wirken durch ihre aufwändige Gestaltung und die verwendeten Materialien Elfenbein und Reptilienhaut besonders eindrucksvoll; sie scheinen stereotypische Ansichten zu afrikanischem Kunsthandwerk zu bestätigen.

Spätestens durch den Einfluss der Kubisten und anderer europäischer Künstler des 20. Jahrhunderts, die zentralafrikanische Handwerkskunst als neue Inspirationsquelle für sich entdeckten, wuchs in Europa das Interesse an "primitiver" Holzschnitzkunst sowie Elfenbeinschnitzereien.

Unter dem zunehmenden Druck des kolonialen Marktinteresses begannen nun auch Ethnien ohne ausgeprägte überlieferte Holzschnitzkunst sich die erforderlichen Techniken anzueignen. Im Gegensatz zu den traditionellen Harfen der Azande waren die Mangbetu-Harfen nicht zum Spielen, sondern primär als "Kunst" oder "Kunsthandwerksgegenstände" zur Dekoration für europäische Haushalte bestimmt. Die Erfahrungen der Elfenbeinschnitzereien, die bereits auf einen zwei Jahrhunderte zurückreichenden "Ethno-Handel" zurückblickten, wurden nun auf den Harfentypus der Azande projiziert und für den Saitenträger verwendet. Als weiteres neues Element wurde die Bespannung der Instrumente mit Reptilienhaut eingeführt, angelehnt an den kolonialen Großwildjäger-Komplex sowie die Tarzan-artigen Dschungel-Darstellungen.

Die Kopfdarstellungen am oberen Ende des Saitenträgers bei den Azande-Harfen wurden als Grundmotiv übernommen, allerdings nutzten die Mangbetu diese zuweilen als Ausdruck des Protests gegenüber der Kolonialmacht: Nicht selten äußerte sich das in spotthaften Darstellungen über physische Merkmale der Kolonisatoren. "So öffnete sich in dieser Touristenkunst gleichzeitig ein Ventil für die Hersteller, nonverbale Kritik zu äußern." (Kubik, Malamusi, Varsányi 2014, S. 235)

[Ausst.-Kat. Afrikanische Musikinstrumente, hrsg. Gerhard Kubik, Moya Aliya Malamusi, András Varsányi, Berlin 2014]

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