Provenienzforschung: Die Rothschild-Hüte

Das Schicksal der Münchner Familie Rothschild

Das "Hut- und Putzgeschäft“ von Heinrich Rothschild (1855–1938) befand sich in der Sendlinger Straße 86 in München (heute Schuhgeschäft Ecke Färbergraben). Seit 1936 führten die beiden Söhne Otto (1891–1951) und Joseph Rothschild (1895–1955) das Unternehmen, das auf den Verkauf und die Herstellung von Damenhüten spezialisiert war.

Unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik versuchten die beiden Brüder im Oktober 1938 das Geschäft an ihre Angestellten zu verkaufen. In der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 wurden die Schaufenster des Geschäfts eingeschlagen und die Ladenräume verwüstet. Die beiden Brüder durften von da an ihr eigenes Geschäft nicht mehr betreten. Die Verhandlungen zum Verkauf wurden abrupt beendet und die Liquidation der Firma durch eine Abwicklungsfirma angeordnet.

Der gesamte Warenbestand des Geschäfts wurde 1939 zu Schleuderpreisen verkauft. Von den Erlösen erhielt die Familie nichts. Neben Münchner Firmen und der Bevölkerung profitierte auch das Münchner Stadtmuseum von der erzwungenen Geschäftsauflösung. Der damalige Direktor Konrad Schießl (1889–1970) kaufte aus dem Firmenarchiv 92 historische Hüte weit unter dem Marktwert an. Die Hüte waren auch als Modelle für künftige Fabrikationen gesammelt worden.

Im Jahr 2016 gelang es dem Münchner Stadtmuseum, einen Teil der in Großbritannien und in den USA lebenden Nachfahren der Familie Rothschild ausfindig zu machen. Einige Vertreter besuchten im Sommer 2017 das Museum, um sich die Hüte anzusehen. Zur Eröffnung der Ausstellung „Ehem. jüdischer Besitz“ – Erwerbungen des Münchner Stadtmuseums im Nationalsozialismus im April 2018 waren insgesamt 17 Angehörige der Familie in München anwesend. Gemeinsam mit der Familie Rothschild arbeitet das Münchner Stadtmuseum an einer einvernehmlichen Lösung im Umgang mit den Hüten.

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