Titel / Kurzbeschreibung
atumpan – Paar einfellige Mörsertrommeln mit Schnurpflockspannung (2/2)
Datierung
vor 1985
Objektart
Membranophon
Material
Holz (Zedernholz?), Trommelmembran aus Antilopen oder Kuhhaut, Eisenring, dünnes Seil aus Kunstfaser
Maße
|
Ausgestellt
nein
Sammlung
Musik
Inventarnummer
MUS-85-19.b
Provenienz
[...]

o.D.-1.Jan 1985 Maximilian Glas (), München

ab 1.Jan 1985 Städtische Musiksammlung, München, angekauft von Maximilian Glas [Vgl. Inventarbuch]

 
Zugang
Ankauf 1985
Werktext
"Atumpan nennt man die wichtigste „Sprechtrommel“ bei den Asante in Ghana, die immer paarweise gebraucht werden. Zum vorliegenden Paar gibt es in der Kartei keine weiteren Angaben. Die Instrumente, obwohl zum Verkauf bestimmt, sind jedoch sehr sorgfältig hergestellt und daher durchaus als authentisch anzusehen.
Das Trommelkorpus hat eine Mörser- oder Becherform, mit einem engen zylindrischen Säulenfuß, einem breiten zylindrischen Mittelabschnitt und einen zum Fell hin sich verjüngenden Oberabschnitt. Zwischen dem mit Längsrillen verzierten Mittelabschnitt und dem Oberabschnitt sind zwei ringförmige Wülste angeschnitzt. Entlang des oberen kleineren Holzringes werden schräg von oben die Löcher für die hölzernen Spannpflöcke gebohrt.
Für die Trommelmembran nimmt man Antilopen- oder Kuhhaut.
Die Befestigung und Spannung des Fells entspricht dem Prinzip der Schnurpflockspannung. Dazu braucht man zunächst das Fell mit einem stabilen Fellreifen. Zur Bearbeitung muss das Fell zuvor kreisrund mit einem entsprechenden Überstand ausgeschnitten und in Wasser eingeweicht sein. Dann bedeckt man die obere Öffnung der Trommel und ein angepasster Eisenring wird darübergelegt. Nun faltet man den überstehenden Fellrand von außen um diesen Eisenring. Durch diese zwei übereinandergelegten und den Eisenring umschlingenden Fellschichten (s. Zeichnung) werden in ungefähr gleichen Abständen von etwa 4–5 cm insgesamt 28 Löcher (4 × 7) gebohrt, durch die dann die Spannschnur durchgeführt wird.
Nun werden rund um die Trommel die sieben Holzpflöcke eingesteckt. Jedem Holzpflock sind somit vier Löcher zugeordnet. Für die Verspannung nimmt man heute dünne Seile aus Kunstfaser, wie auch bei vorliegenden Instrumenten geschehen. Es ist ein einziges langes Seil, das, durch die Löcher im Fellreifen gefädelt, etwa 20 cm zu den Holzpflöcken verläuft, dort um den Pflock herumgeschlungen und wieder zurück zum Fellreifen gezogen wird. Somit verläuft die Schnur zweimal durch jedes der 28 Löcher und achtmal um jeden Pflock (s. Zeichnung), was bei einem Trommelumfang von ca. 80 cm einer benötigten Seillänge von etwa 12 Metern entspricht. Zur zusätzlichen Stabilisierung werden diese jeweils acht Stränge beim Pflock zu Schlaufen verdrillt.
Zum Anschlagen der Trommel werden Hakenschlägel benützt. Diese werden aus einer spitzwinkeligen dünnen Astgabel hergestellt. Mit dem Ende des Hakens werden die Trommeln angeschlagen.
Atumpan werden immer paarweise gespielt. Die tiefer gestimmte größere Trommel gilt als „männlich“, die höher gestimmte kleinere als „weiblich“. – Es gibt jedoch auch die umgekehrte Aussage, dass die größere die Frau und die kleinere den Mann symbolisiert. Die Aufstellung vom Standpunkt des spielenden Meistertrommlers aus ist: männlich = links und weiblich = rechts. – Das Intervall zwischen den beiden Tönen bewegt sich im Umfeld einer großen Terz bis Quart oder auch geringer.
Die Materialien, die für die atumpan-Trommeln verwendet werden, sind in ihren religiösen Aspekten nach dem Weltbild der Akan-Völker zu verstehen. In einem Pamphlet der in den 1980er Jahren in London basierten Herstellergruppe vorliegender atumpan-Trommeln, die sich KUDUM nannte, fi nden sich zur Materialkunde folgende Informationen:
„Wie andere Trommeln in Ghana wird auch die atumpan aus einem Zedernholz („cedar wood“) hergestellt, das tweneboa oder tweneduro genannt wird. Früher opferte man ein Ei dem tweneboa-Baum, bevor man ihn fällte, und man sagte Gebete auf, um den Schutz gegen Verletzungen zu erbitten, denn man glaubte, dass ein mächtiger Geist in dem Baum lebte. Aus ähnlichem Grunde werden auch in Ghana Spritzer von Getränken (libation) auf Trommeln und den Boden gemacht, bevor man bestimmte Trommeln spielt. Bevor man mit dem Schnitzen der atumpan und anderer Trommeln beginnt, muss man jedoch den gefällten Baum einige Monate zum Austrocknen liegen lassen. Dann schneidet man ihn in passende Blöcke und bringt diese zum Arbeitsplatz des Trommelbauers. Der gewählte Holzblock wird dann von der Rinde befreit (geschält), in die gewünschte Form gebracht (Becherform bei der atumpan) und schließlich ausgehöhlt. Dafür werden Spezialwerkzeuge verwendet.“
(Text aus dem KUDUM-Flyer in der Sammlung Musik)
Aus dem Bast des tweneboa-Baums wurde früher auch die Schnur zur Spannung des Trommelfells gedreht. Der Spieler selbst wird mit dem Geist des Zedernholzes identifiziert und deshalb bei Gesängen und Begräbnis-Rezitationen als Tweneboa Kodua o. Ä. angesprochen (Nketia 1954, S. 38).
Trommeln ähnlicher Bauart sind auch bei anderen Ethnien, wie bei den Ewe, natürlich unter anderen Namen gebräuchlich, und werden gleichfalls bei Begräbnissen eingesetzt.
Da in der Musik der Akan-Völker die auf Metallglocken gespielten time-line-Formeln grundlegend sind, fordert der Meistertrommler in der Regel zuerst die Glocke auf, mit dem Schlagen zu beginnen. Denn erst wenn die time-line etabliert ist, können die anderen Trommler einsetzen. Oder aber der Meistertrommler spielt zu Beginn ein kurzes Rollen (kusukurum) und hilft den anderen, die Einsätze zu finden, indem er ihre Parts kurz vor deren Einsatz schnell skizziert. Deshalb muss er auch alle Parts des ganzen Orchesters kennen. Sprechpassagen können aber nur in den Sprachen bzw. Dialekten der Akan-Völker getrommelt werden. Daher wird der Sprechtrommler ɔdomankoma kyerεma („Trommler des Schöpfers“) genannt (Nketia 1954, S. 36). Nur durch diese Position hat er auch das Recht, den Chief, zu dessen Paraphernalia die atumpan-Trommel gehören, oder sogar seine Ahnen direkt und ohne viel Umstände anzurufen und sie um den Schutz der Gemeinschaft zu bitten. Selbstverständlich sind diese Sprechtrommler auch besonders gut in der Landesgeschichte bewandert.
Obgleich das Trommeln bei allen Akan-Gemeinschaften an der Goldküste eine wichtige Rolle im täglichen Leben spielt, gibt es nicht viele Experten, da nur wenige die lange Ausbildungsdauer durchhalten und darin Perfektion erreichen. Außerdem werden die Pflichten eines Trommlers vo
Creditline
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Musik
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atumpan – Paar einfellige Mörsertrommeln mit Schnurpflockspannung (2/2), vor 1985, Holz (Zedernholz?), Trommelmembran aus Antilopen oder Kuhhaut, Eisenring, dünnes Seil aus Kunstfaser, |, Münchner Stadtmuseum, Sammlung Musik
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