Dieses kleine Exemplar einer Elfenbeinharfe wurde serienweise für Europäer mit weniger dicker Brieftasche oder weniger „ethnologischen“ Ambitionen hergestellt. Die kleine Kopfdarstellung am oberen Ende des Saitenträgers stellt, wie in vielen solchen Fälle, die Karikatur von Europäern (hier also Belgiern) im kolonialen Dienst dar, die in diesem Falle ein vorgestrecktes Kinn als Charakteristikum hat: Man sieht fast den Administrationsbeamten in seiner Überheblichkeit und Aggression auf die Leute zuschreiten. Es sind mehr oder weniger stereotype, wohl Hunderte Male wiederholte Darstellungen von Köpfen, bei denen lange, spitze oder eckige Nasen etc. in den Vordergrund rücken.
Hier sind überdies die Wirbel interessant. Offenbar sind sie in ihrer Schnitzform von irgendeinem europäischen Gegenstand her inspiriert. Die Form dieser Elfenbeinwirbel weist deutlich auf die Verwendung europäischer Tischlereiwerkzeuge, insbesondere einer Drehbank, hin.
[Ausst.-Kat. Afrikanische Musikinstrumente, hrsg. Gerhard Kubik, Moya Aliya Malamusi, András Varsányi, Berlin 2014, S. 236]
Creditline
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Musik
Zitiervorschlag / Permalink
Azande / Mangbetu, kundi – Harfe aus Elfenbein mit fünf Saiten, 1900–1950, Holz, Elfenbein, Reptilienhaut (Krokodil?), Saiten aus pflanzlichem Material (?), 21,5 cm
x 8,2 cm
x 5 cm
| 9,4 cm, Münchner Stadtmuseum, Sammlung Musik
https://sammlungonline.muenchner-stadtmuseum.de/liste/contrib-detail/kundi-harfe-aus-elfenbein-mit-fuenf-saiten-10015137