Datierung
Objektart
Plastik
Material
Porzellan
Maße
29,9 cm
Ausgestellt
ja
Sammlung
Angewandte Kunst
Inventarnummer
K-70/150
Zugang
Schenkung 1970
Werktext
Schon bevor sich die „Churfürstliche Porcelain-Fabrique“ in Schloß Nymphenburg etablierte, wurde sie durch die raffinierten Schöpfungen des Franz Anton Bustelli (um 1720-1763) bekannt. Der Modelleur entstammte einer aus dem Tessin eingewanderten und wohl schon länger in Bayern tätigen Künstlerfamilie. Mit seinen bunt bemalten Harlekinen und anderen Charakteren aus der „Commedia dell' Arte“ hinterließ er ein Werk, das exemplarisch das „Galante Zeitalter“ des Rokoko verkörperte. Seine Figur des „Pierrot“ wird heute als eine Art Oscar beim Bayerischen Filmpreis verliehen. Neben solcher Tafelzier formte Bustelli auch Modelle nach sakralen Themen, so auch für eine Kreuzigungsgruppe. Sie besteht aus dem 1755 entworfenen „Großen Kruzifix“, zu dem im folgenden Jahr die Assistenzfiguren Maria und Johannes hinzukamen. Das Ensemble konnte auf einem Hausaltar Verwendung finden.
Die Version des Münchner Stadtmuseums befand sich mit einem wesentlich kleineren Kruzifix im Besitz der Münchner Wachszieher- und Lebzelterfamilie Ebenböck. Um eine Vorstellung der ursprünglichen Zusammenstellung zu vermitteln,.ist sie um ein Großes Kruzifix ergänzt, das in der Zeit um 1800 ausgeformt wurde und aus der Sammlung des Nürnberger Verlegers Theodor Stroefer stammt. Besondere Bedeutung hat die Figur des Johannes. Sie ist durch die Marke F.B. als autorisierte Erstausformung Bustellis ausgewiesen. Eine ähnliche Sockelplatte zeigt eine wohl zugehörige Marienfigur, die sich heute im Victoria und Albert Museum in London befindet.
Die plastische Durchformung der Figuren verweist auf eine Schulung Bustellis an der Großskulptur. Die Kreuzigungsgruppe gab deshalb Anlass, über das Verhältnis des Porzellankünstlers zu den Münchner Bildhauern Straub und Günther nachzudenken. Ignaz Günther hatte sich gleichzeitig mit Bustelli im Jahr 1754 in München niedergelassen und entwarf ebenfalls einen Kruzifixus zur Ausformung in Porzellan. Offenbar gab es zwischen den etwa gleichaltrigen Künstlern einen Wettbewerb. Es wurde um die gestalterischen Möglichkeiten gerungen, die sich bei der Umsetzung des ehrwürdigen Themas in das ebenso preziöse wie fragile Material eröffneten.

[Ausst.-Kat. Typisch München! Das Jubiläumsbuch des Münchner Stadtmuseums, hrsg. von Wolfgang Till und Thomas Weidner, München 2008, S. 67]
Creditline
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Angewandte Kunst
Zitiervorschlag / Permalink
Franz Anton Bustelli, Porzellanmanufaktur Nymphenburg, Maria aus einer Kreuzigungsgruppe, 1756, Porzellan, 29,9 cm, Münchner Stadtmuseum, Sammlung Angewandte Kunst
https://sammlungonline.muenchner-stadtmuseum.de/liste/contrib-detail/maria-aus-einer-kreuzigungsgruppe-10157695