Titel / Kurzbeschreibung
Trommel, einfellig (Vasenform)
Datierung
1650
Objektart
Membranophon
Ausgestellt
nein
Sammlung
Musik
Inventarnummer
MUS-43-183
Provenienz
[...]

o.D.-August 1943 Adolf  Westermayer (?-?), München

ab August 1943 Städtische Musiksammlung, München, angekauft von Adolf Westermayer

verspätete Bezahlung 1966 [Vgl. Inventarbuch]

 
Zugang
Ankauf 1943
Werktext
„Das Fell ist durch Schnüre aus pflanzlichem Material mit einem ringförmig um die Trommel geschlungenen, ca. 5,5 cm breiten Fellstück befestigt. Da das Letztere hier nicht lang genug war, um das Trommelkorpus oben vollständig zu umfangen, musste man noch ein weiteres entsprechendes Zwischenstück anbringen, das in ähnlicher Weise mit dem Rest verbunden ist. Gegen den unteren Rand des Fell-Zwischenstücks sind dann spezifisch geschnitzte Holznägel ohne Abstände direkt nebeneinander eingeschlagen.
Der oberste Teil des Trommelkorpus ist versenkt geschnitzt (Zeichnung s. o. Einleitung zu Kasaispannung), damit das Fellzwischenstück nicht verrutschen kann und damit man auch seine Größe leicht zuschneiden kann. Diese Versenkung geht über eine Höhe von ca. 8 cm und hat eine Tiefe von etwa einem halben Zentimeter. Die Köpfe der Holznägel haben die Form einer Kegeldachhütte oder auch eines in den Dörfern anzutreffenden runden Versammlungshauses. Eventuell ist auch hier eine Symbolik, die auf die Herrschaftsstruktur mit ihrem Versammlungshaus anspielt, beabsichtigt (Zeichnung s. o. Kat. 135/MUS43397).
Dieses Exemplar einer Königstrommel wurde von einem professionellen Trommelhersteller unter Berücksichtigung der wichtigsten traditionellen Motive bei den Bakuba hergestellt. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist dieses Instrument aber nie gespielt worden und war von vornherein zum Verkauf bestimmt. Die Königstrommeln der Bakuba hatten im Allgemeinen Ornamentierungen am Korpus aus Kaurimuscheln, ein Material, das einen Geldwert repräsentierte und im Innern des Belgisch Kongo nicht leicht zu beschaffen war. Deshalb wurden bald Instrumente gebaut, die die verschiedensten traditionellen Schnitzmotive hatten und an Europäer verkauft wurden. Ein solcher Touristenkunsthandel entwickelte sich im Bakuba-Königreich relativ frühzeitig, nachdem Ähnliches vorher bei den Mangbetu mit den Elfenbeinschnitzereien geschehen war. Die Holzschnitzkunst der Bakuba wurde bald entdeckt und einheimische Schnitzer stellten Trommeln und andere Objekte her, die nicht Touristenkunst im üblichen Sinne sind, da man sich die Mühe machte, genaue Kopien originaler, für den heimischen Gebrauch bestimmter Objekte anzufertigen. In diese Kategorie scheint uns das vorliegende Exemplar zu gehören. Da es sich um eine Kopie handelt, kann man natürlich die Formen fast so wie bei dem Original studieren. […]
Die dekorative Gestaltung unserer Becher- oder Mörsertrommel ist so angelegt, dass die geschnitzten Figuren in die vier Windrichtungen weisen, was eine gewisse Symbolik beinhalten könnte. Ein Fehler vieler europäischer Betrachter afrikanischer Objekte ist erfahrungsgemäß, immer und überall symbolische Bedeutungen zu vermuten. Oft aber werden in Afrika Schnitzwerke auch rein dekorativer Natur hergestellt. Die gegenständlichen Motive der Schnitzfiguren bestehen aus zwei menschlichen Gesichtern mit einem Kopfüberbau, die einander auf gleicher Achse gegenüberliegen. Sie sind ähnlich, aber nicht identisch. Eine Figur hat von ihrem Kinn drei Elemente herabhängen. Seitlich ist je ein Krokodil dargestellt, jedes unterschiedlich. Zwischen diesen gegenständlichen Figuren sind Motive in den Trommelkörper eingeritzt, die im Kulturgebiet der Demokratischen Republik Kongo/Angola teilweise Ideogramm- Bedeutung haben. Diese abstrakten Motive beschränkten sich nicht nur auf die Bakuba, sondern kommen auch in den Kulturen der Lunda, Cokwe und Ngangela vor. Einige dieser Motive finden sich auch als Malerei oder als Zeichnung auf anderen Objekten dargestellt. Der untere Teil des „Trommel-Bechers“ zeigt schließlich wie auch bei Kat. 135/ MUS43397 mehrere Felder eines einfachen Raspelmotivs, das wohl nur dekorative Bedeutung hat und auch kaum aus der Flechttechnik stammen dürfte. [...]
Das Ganze ist als eine elementare, in Holzgravur übertragene Darstellung eines Flechtmusters aufzufassen. Ein hier nicht eigens reproduziertes Motiv ist eine abgerundete Variante dieses Sandmotivs und verläuft unterhalb der figürlichen Darstellungen rund um das Trommelkorpus. Dieses Flechtwerk von Elementen fällt im Motivkatalog der -Cokwe von Marie-Louise Bastin (1961) in die Gruppe der „ondes“ (mahenga; Wellen), „courbes en hélice“ (mahenga, khaka; spiralförmige Kurven) und „entrelacs“ (cijingo, ukulungu; Flechtband, endloser Knoten). Die Idee des „endlosen Knotens“ ist sehr alt und findet sich in vielen antiken Kulturen. Die bekanntesten Repräsentanten sind die endlosen Knoten in keltischer und buddhistischer Kultur.“
[Ausst.-Kat. Afrikanische Musikinstrumente, hrsg. Gerhard Kubik, Moya Aliya Malamusi, András Varsányi, Berlin 2014, S. 168ff]
Creditline
Münchner Stadtmuseum, Sammlung Musik
Zitiervorschlag / Permalink
Ba-Kuba (Buschongo), Trommel, einfellig (Vasenform), 1650, Münchner Stadtmuseum, Sammlung Musik
https://sammlungonline.muenchner-stadtmuseum.de/liste/contrib-detail/trommel-einfellig-vasenform-10018040